FAQs – häufige Fragen

Zwei Figuren mit offenen lächelnden Mündern stehen sich gegenüber. Die linke blaue Figur hat eine Sprechblase mit einem Fragezeichensymbol. Die rechte gelbe Figur hat zwei weisse Sprechblasen über sich.

Was bedeutet Coming-Out?

Coming-out bedeutet aus dem Englischen übersetzt „herauskommen“. Es könnte auch als „mit etwas herauskommen“ oder „etwas öffentlich machen“ gedeutet werden. Das Coming-out ist ein individueller Prozess, der in der Regel in zwei Phasen  unterteilt wird. 

1. Inneres Coming-out 
Das innere Coming-out beschreibt die Phase in der einer Person bewusst wird, dass die sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Identität jenseits von Heteronormativität und Geschlechterdichotomie liegt. Nach und nach wird für die Person deutlich, dass sie sich anders fühlt, als das Umfeld es etwa aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes erwartet. Erste (heimliche) Schwärmereien, die für heterosexuelle Jugendliche eher aufregend-freudig konnotiert sein mögen, können bei queeren Jugendlichen Angst, Abwehr und Scham über die eigenen Gefühle auslösen.

2. Äußeres Coming-out 
Das äußere Coming-out beschreibt die Phase, in der eine Person mit dem Ergebnis des inneren Coming-outs nach außen tritt und dieses Ergebnis öffentlich macht. Das geschieht in der Regel stufenweise. Es beginnt oft mit den engsten Vertrauenspersonen und weitet sich mit der Zeit aus. Es kann Lebensbereiche geben, in denen es nie ein Coming-Out gibt – ein Coming-Out ist keine einmalige Sache, sondern in jeder Situation stellt sich die Frage neu, ob und was von sich erzählt wird. Nötig wird das Coming-Out vor allem aufgrund der häufigen stillschweigenden Annahme, dass alle Menschen heterosexuell begehren und cisgeschlechtlich leben würden. Ein Coming-Out ist leider nicht zwangsläufig eine positive Erfahrung. Es kann für die Person selbst mit Erleichterung verbunden sein, endlich die eigenen Gefühle und Gewissheiten zu äußern. Negative Reaktionen des Umfeldes sind allerdings keine Seltenheit. Es kann daher zum Beispiel sein, dass eine Person an ihrem aktuellen Wohnort, dem Arbeitsumfeld und dem sozialen Umfeld “out” ist, in der Herkunftsfamilie das Thema allerdings totgeschwiegen oder höchstens toleriert wird. Das innere, wie auch das äußere Coming-out  ist an kein Alter gebunden und kann sich über Jahre hinziehen. In der Beratung und Begleitung von queeren jungen Menschen sollte das Coming-Out kein unbedingtes Ziel sein; Ängste und Sorgen vor negativen Reaktionen des Umfeld (z.B. Angst, zuhause nicht mehr sicher wohnen zu können) sollten ernst genommen werden. Auf keinen Fall sollte die junge Person ohne ihre Zustimmung “geoutet” werden. 

Was darf der junge Mensch ohne elterliche Zustimmung?

Minderjährige Menschen sind in ihren Entscheidungen oft von ihren Personensorgeberechtigten abhängig. Was als Schutz der jungen Menschen gedacht ist, kann oft als einschränkend und bevormundend empfunden werden. Dies gilt auch für viele Schritte auf dem Weg einer Transition. Medizinischen Maßnahmen (Hormonvergabe, Operationen, Therapie) können zwar bereits mit 15 Jahren bei gesetzlichen Krankenkassen selbst beantragt werden, aber für die Durchführung bedarf es der Zustimmung der Sorgeberechtigen, weil die medizinische Fürsorge ein Teil der elterlichen Sorge ist und diese speziell durch das Grundgesetz geschützt wird. Gibt es ein geteiltes Sorgerecht müssen auch beide Berechtigte zustimmen. Dies gilt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs. Gleiches gilt auch für die Teilnahme an Reisen z.B. von Jugendgruppen. Stimmtraining kann hingegen ohne Zustimmung von Sorgeberechtigen durchgeführt werden, aber nur wenn dieses nicht kassenfinanziert bei Logopäd*innen stattfindet, sondern in nicht-medizinischen Kontexten (z.B. Selbsthilfegruppen).

Wenn sich Personensorgeberechtigte konsequent gegen die Wünsche und Bedürfnisse von queeren Jugendlichen stellen und somit eine Gefahr für deren emotionales und psychisches Wohlergehen darstellen, ist abzuwägen inwiefern eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt. Ist dem so, können Teile der Personensorge z.B. für medizinische Belange entzogen werden.

Wie können Toiletten, Duschen und Umkleiden queerfreundlich gestaltet werden?

Die meisten Toiletten und Umkleiden in öffentlichen Gebäuden, Schulen, Restaurants und Arbeitsplätzen sind nur nach Frauen und Männern aufgeteilt. Wie viele es davon jeweils geben muss, ist in unterschiedlichen Rechtsvorschriften geregelt (z.B. Arbeitsstättengrundverordnung). Ähnliches gilt für Umkleiden. Rechtlich spricht aber nichts dagegen, dass trans* und inter* Menschen die Räumlichkeiten nutzen, mit denen sie sich am wohlsten fühlen. Weil es dabei aber oft zu Diskriminierungen oder auch Gewalt kommen kann und sich nicht alle Menschen einem Geschlecht zuordnen können/wollen, sind geschlechtsneutrale Toiletten eine gute Möglichkeit.Dabei gibt es einige Dinge zu beachten, Anregungen finden Sie in dieser Broschüre.

Auch bei Umkleiden dürfen trans* und inter* Menschen rechtlich gesehen frei wählen. Es ist wichtig, etwa in Schulen unterschiedliche Möglichkeiten durchzusprechen und individuelle Lösungen anzubieten.  Es gibt  Menschen, die ihren Körper gar nicht vor anderen zeigen möchten, unabhängig davon ob sie trans*, inter* oder aber auch cis*-geschlechtlich sind. Es wäre also im Interesse aller, generell Alternativen zu Gemeinschaftsumkleiden anzubieten, wie z.B. Einzelkabinen. Damit müsste sich niemand outen oder eigene Grenzen überschreiten. Kein Mensch sollte gezwungen sein, sich vor anderen um- oder auszuziehen, wenn sich dies unangenehm anfühlt.   

Was gilt im Sportunterricht und im Leistungssport für queere Menschen?

Sportunterricht
In der Schule und oft auch im professionellen oder Vereinssport wird in der Regel nach Mädchen/Frauen und Jungen/Männer getrennt. Dies geschieht zwar in einem Gedanken der Fairness, aber erzeugt Ausschlüsse und unterstreicht dabei geschlechtliche Stereotype wie z.B., dass cis* Männer automatisch körperlich stärker sind als cis* Frauen. Deshalb sind in einige Bundesländern Schulen dazu angehalten, Schüler*innen eher individuell zu bewerten. Dennoch gibt es meist im Schulsport geschlechtsbezogene Leistungstabellen, die als Grundlage für Noten etc. genutzt werden. Es gibt aber keine festgeschriebenen Regelungen, wie mit trans* und inter* Schüler*innen umgegangen werden soll. Das gilt weder für die Benotung, noch dafür, mit welcher Gruppe sie Sport machen sollen. In Absprache mit den queeren Schüler*innen und der Schulleitung sollten hier Individuallösungen gefunden werden.

Leistungssport
Im Leistungssport sind Männer und Frauen klar getrennt, da dies aufgrund von durchschnittlichen Leistungswerten als fairer betrachtet wird. Dabei sehen zwar internationale Verbände wie der Leichtathletik-Weltverband vor, dass trans* Menschen in den für sie stimmigen Wettbewerbskategorien antreten – allerdings für trans* Frauen nur unter der Voraussetzung, dass ihre Testosteronwerte nachgewiesenermaßen niedrig sind. Anderenfalls werden sie ausgeschlossen bzw. müssen Medikamente nehmen, um den Wert künstlich zu senken. Dabei ist wissenschaftlich gar nicht eindeutig belegt, dass trans* Frauen automatisch Vorteile haben. In Bezug auf trans* Männer gibt es hingegen keine Regelungen, um z.B. Hormonwerte anzuheben oder auszugleichen. Inter* und nicht-binäre Personen, die sich nicht als Mann oder Frau zuordnen wollen/können, sind in der klaren Zweiteilung des Leistungssports gar nicht mitgedacht und auch inter* Menschen, die sich einem binären Geschlecht zugehörig fühlen, sehen sich immer wieder mit Fragen zu etwaigen Vorteilen konfrontiert, die sie durch ihr Hormone oder ihren Körperbau angeblich haben. Dies kann für queere junge Menschen, die versuchen, im professionellen Sport Fuß zu fassen, sehr belastend sein. In der europaweiten Outsport-Studie gaben beispielsweise 96 Prozent der Befragten aus der LGBTI*-Community an, dass der Sport ein Problem mit Transphobie habe. Es kommt jedoch in den Verbänden und auch in der Gesellschaft immer wieder zu Diskussionen darüber, wie der Leistungssport inklusiver gestaltet werden kann, was zumindest Möglichkeiten für Veränderung bietet. 

Wie sieht es mit der Unterbringung bei Klassenfahrten, in WGs u.ä. aus?

Schulen (z.B. auf Klassenfahrten) oder auch andere Institutionen wie Jugend-WG´s teilen Zimmer meist nach Jungen und Mädchen ein.  In den Schulgesetzen der Bundesländer und im Jugendhilfegesetz gibt es hierfür aber keinerlei Bestimmungen.  Trans* und Inter* Jugendliche könnten also einfach einem gewünschten Zimmer zugeteilt werden. Dennoch zögern viele Einrichtungen hierbei, teils aus Gewohnheit teils aus Sorgen, dass Zimmer, die der herkömmlichen Einteilung nicht entsprechen, sexuelle Handlungen von Minderjährigen fördern können. Die Einrichtungen machen sich Sorgen, was Eltern sagen könnten und es gibt einen Paragrafen im Strafgesetzbuch (§180 StGB), der sich mit der Förderung sexueller Handlungen von Minderjährigen befasst. Diese in Verbindung mit Klassenfahrten etc. zu setzen ist jedoch eine eher veraltete Auslegung. Eine Aufteilung nach „Jungen und Mädchen“ verhindert keineswegs selbstbestimmte Sexualität. Wenn eine generelle Durchmischung der Geschlechter dennoch nicht gewollt ist, lassen sich evtl. individuelle Lösungen für queere Jugendliche finden. Zum Beispiel kann die Zimmerbelegung mit dem Einverständnis aller Personensorgeberechtigen abgesichert werden oder es könnten Einzelzimmer eingeplant werden.

Was tun, wenn die junge Person die Schule aufgrund unangenehmer Erfahrungen nicht mehr besuchen will?

Queere Jugendliche werden oftmals vor besondere Herausforderungen gestellt, wenn es um den Schulbesuch, insbesondere um den Schulsport geht.
“Anders” zu sein als der Großteil der Klasse kann ein unangenehmes Gefühl sein. Häufig berichten queere Jugendliche von Ausgrenzung und Mobbing. Gerade im Schulkontext ist es schwer, stressigen Situationen auszuweichen. So werden andere Wege gesucht, den Stress zu meiden – und als Lösungsstrategie wird eventuell das “Schwänzen” gewählt. Dies ist nachvollziehbar, hat aber gleichzeitig negative Auswirkungen auf die schulische und berufliche Zukunft des jungen Menschen.
  • • Allgemeine Informationen für Eltern und andere Erziehungsberechtigte zu sogenannter Schuldistanz vom Berliner Senat finden Sie hier
Nun kann es sein, dass Eltern ihre Kinder dahingehend unterstützen möchten, dass Sie sie nicht mehr zur Schule schicken wollen. Vielleicht findet auch ein*e Therapeut*in, dass eine Schulbefreiung für einen bestimmten Zeitraum hilfreich wäre. Dennoch gilt in Deutschland Schulpflicht. Familien müssen sich somit an rechtliche Vorgaben halten. Hier kann es tatsächlich zu Bußgeldern (für die Eltern) kommen.
Stärkende Gespräche mit der jungen Person, Einbezug der Schulsozialarbeiter*in und passende queerfreundliche Unterstützungsangebote (hier mehr, Verlinkung auf Unterseite “Queere Beratung”) können wertvolle Ressourcen in herausfordernden Zeiten darstellen. 

Wie gestaltet sich Berufswahl und Jobsuche für queere junge Menschen?

Queere junge Menschen tun sich oft besonders schwer beim Übergang von Schule zu Beruf und in Berufsausbildungsinstituten.  Oftmals stimmen die Zeugniseinträge nicht mit dem aktuell geführten Vornamen übereinstimmen. Darüber hinaus birgt diese Schnittstelle Ängste, die viele Menschen  haben, wenn es zu einem neuen Lebensabschnitt kommt. Schlechtere Chancen bei der Suche nach einem Ausbildungs- und Arbeitsplatz werden zu Recht von trans* und inter* Personen befürchtet, wie etwa eine Studie des DIW aus 2020 zeigt.

Es kann hilfreich sein, mit den jungen Menschen zu besprechen, welche Vorbilder sie für die Berufswahl haben. Entspricht ihr Berufswunsch tatsächlich dem eigenen Interesse? Gilt für den angestrebten Beruf vielleicht hauptsächlich, dass dieser stereotypisch das Wunschgeschlecht repräsentiert und betont? Jugendberufsagenturen und Jugendberufsberatungen helfen jungen Menschen dabei, ihre Stärken und Schwächen realistisch zu analysieren. Diese sind in aller Regel nicht auf die Bedürfnisse queerer Menschen spezialisiert, können aber trotzdem mit ihrer Expertise bei der wichtigen Fragestellung der Berufswahl helfen und haben eine unterstützende Grundhaltung. Falls sich die junge Person unwohl fühlt, kann eine Begleitung unterstützen und die passende Beratungsstelle gesucht werden. 

Hilfreiche Links zum Thema:

Trans* in Arbeit – Berlin.de

Trans* in Arbeit-Fyer: Empfehlungen (PDF)

Trans* im Job: Broschüre (PDF)

STICKS & STONES – LGBTQ+ Job & Career Fair